Zwischen dem Gang zur Wahlkabine und den ersten Hochrechnungen holte sich der RSV Germania 03 am Sonntagnachmittag die neunte Niederlage ím zehnten Saisonspiel ab. Das letztendlich deutliche 1:4 bei TSG 46 Darmstadt täuscht darüber hinweg, dass das abgeschlagene Tabellenschlusslicht am Woog lange eine Sensationsbrise schnupperte.

Zwei Drittel mögen in der Politik hinsichtlich einer Koalitionsmehrheit vorteilhaft sein, aber nicht für ein positives Ergebnis im Fußballsport. Nach einer torlosen ersten Hälfte, die angesichts des bisherigen Gegentortsunami allenthalben überraschende Gesichtszüge darstellte (einige Satiriker sprachen gar von „unter falscher Flagge segeln“), durfte sich der Rasensportverein während des zweiten Abschnitts sogar am seltenen Führungsgefühl laben, ehe eine Zeitstrafe das Wendemanöver einläutete. In personeller Unterzahl kassierte man zwei vorentscheidende respektive nicht mehr revidierbare Buden.

Ohne den erkrankten Trainer Manu Meixner (laborierte an einem Magen-Darm-Virus und wurde von Mohebulla Ahmad vertreten) setzte sich die blau-weiße Crew dank ruhigem Fahrwasser diesmal keiner Kentergefahr aus (bei den beiden zurückliegenden Kreuzfahrten auf dem Woog ging der RSV-Dampfer 3:10 & 0:7 unter). Mit ansehnlichen Kombinationspassagen und bissigem Abwehrverhalten hielt der krasse Außenseiter den verdutzten Favoriten im Zaum und reduzierte dessen Abschlussmöglichkeiten auf ein Minimum. Woran es in den Gästereihen mal wieder mangelte, war der Torinstinkt. Ein schon lange vermisster Knipser hätte die Vorleistungen höchstwährscheinlich belohnt.

Auch Jan Felber würdigte die germanische Performance. Der schon in den 1990er-Jahren ausführlich über die RSV-Landesligapartien berichtende Journalist war flugs vom ersten Bundesligaauswärtsdebütdreier des SV98 in Augsburg vom Lech an den Woog geschippert, um für den Sportteil des Darmstädter Echos eine Story über das auserkorene „Spiel des Tages“ zu verfassen.

Sieben Minuten nach Wiederbeginn schien der Hausherr zu havarieren. Dieter Sanchez Villena konnte beim Klärungsversuch im Strafraum seine Hand nicht zügeln, woraufhin der Schiedsrichter auf den Punkt deutete. Hishyar Ibo verlud Keeper Christian Hüttenberger aus elf Metern und ließ das zarte Pflänzchen einer Paukenschlagtantiemenentführung blühen. Erst als Lashun Morris eine über ihn hinweg rauschende Pille wie ein Beachvolleyballer wegpritschte, schwammen die eingesammelten Felle davon.

Der Referee ahndete die Sportartverwechslung mit einem zehnminütigen Bann, was die 46er erbarmungslos bestraften. Zweimal mit dem identischen Schema (Abstauber nach Keeperparade) klingelte es im Kasten von Milos Manthos und das Guthaben hatte sich in ein Defizit verwandelt.

Als Daniel Genadiev in der 80. Minute per Hinterkopf die Kugel gegen die Querlatte nagelte, durften die Germanen letztmals von einem Zugewinn träumen. Danach öffnete der RSV alle Defensivmühlen und lud den noch zweimal sein Geweih hinter der Torlinie abwerfenden Platzhirsch quasi ein, den Score zum 4:1-Endstand zu optimieren. Ein Resultat, welches das Leistunggefälle lediglich diffus wiederspiegelte. Auf jeden Fall wurde beim Studium des akzeptablen Paroli-Angebots kein Akteur am Woog kielgeholt, auch wenn die missliche Lage kontinuierlich kritisch ist. Die zwei bundesweit größten kickenden Sorgenkinder tragen fortan ein blau-weißes Trikot: Germania 03 Pfungstadt und FC Schalke 04.                  

    

Aufstellung: Manthos, Sahibzada, Hadeed, Genadiev, Kalai, Barati, Morris, Macalin, Ibo (87. Vetter), Albouhuseinsray (78. Sharjeel), Sabbagh

Tore: 0:1 Ibo 52. HE 1:1 Voglis 63. 2:1 Haggi 66. 3:1 Schmidtner 81. 4:1 Voglis 90. + 2

Gelbe Karten: Schmidtner, Welba / Neziraj, Albouhuseinsray

Besonderes: 10 Minuten – Zeitstrafe Morris (RSV) 56. & Schmidtner (TSG) 81.

 

Da am kommenden Wochenende die Beletage eine Länderspielpause abbrummt, besitzt der Amateurbereich bundesweit das Fußballmonopol. Selbstredend hoffen alle unterklassigen Protagonisten dank der ausfallenden TV-Konkurrenz auf einen verstärkten Besuch ihrer idyllischen Sportplätze inklusive Verzehr preiswerter Worscht oder Kaltschalengenuss. So bietet z.B. der RSV Germania 03 am Sonntag (15.10.) gleich zwei „internationale Punktspiele“ als Augenschmaus an. Ab 13Uhr messen sich sich die Kreisliga C – Mannschaften des Rasensportvereins und Türk Gücü Darmstadt. Direkt danach (Anstoß 15Uhr) prüfen die von Abstellungen für den Exkursionsmarathon über den Großen Teich verschonten und deshalb in Bestbesetzung auflaufenden Erstmannschaftsvertreter im Kampf um Kreisliga A – Zuschuss die Robustheit der osmanischen 1-A-Auswahl.